Das auf Traumabearbeitung spezialisierte Edge Institut aus Washington D.C., ist seit September 2015 im Nordirak tätig, hauptsächlich für aus dem Sindjargebirge vertriebene Jesid_innen.
Im angemieteten Haven Center in der nordirakischen Stadt Sharya - in unmittelbarer Nähe eines der größten Flüchtlingslager - bietet es therapeutische Programme für traumatisierte Kinder an, die vom sogenannten „Islamischen Staat“ in Gefangenschaft gehalten wurden.
Diese Kinder haben unvorstellbare Schrecken erlebt. Oft wurden sie gezwungen, zum Islam überzutreten, erlebten massive Gewalt und den Tod enger Familienangehöriger. Die permanente Indoktrination mit der extremistischen Ideologie des IS hat Spuren hinterlassen. Viele sind Halbwaisen, manche Vollwaisen.Nach Flucht oder Befreiung brauchen die Kinder unbedingt Hilfe bei der Reintegration in die Gemeinschaft.
Mit einem erfahrenen therapeutischen Team lassen sich, trotz des Leidensweges, in kurzen Zeiträumen wichtige Fortschritte bei den jungen Menschen erzielen: Traumata können nicht vergessen, aber als vergangene Verletzungen in die eigene Biographie integriert werden. Wer sich sicher und in der Gemeinschaft (wieder) aufgenommen fühlt, kann den Blick nach vorne richten.
Khaima und Zarok (Kinder) e.V. engagieren sich gemeinsam in einem sechsmonatigen Traumabearbeitungsprojekt des EDGE Institutes für diese Zielgruppe. Jeder Verein finanziert ein umfassendes dreimonatiges Programm für 40 Kinder mit einem Beitrag von rund 8.000 Euro.
Ausgebildete Psycholog_innen, ein Kunsttherapeut und eine Spieltherapeutin arbeiten mit den Kindern im kinderfreundlich ausgestatteten Haven Center. Kunst – und spieltherapeutische Elemente, ergänzende psychologische Gespräche, individuelle Beratung sowie die Einbeziehung von Familienmitgliedern ermöglichen in sicherer Umgebung Schritt für Schritt die Bearbeitung des Erlebten.
Hier gehts zum Video einer Kurseinheit:
Und hier ein kleiner Einblick in die Arbeit mit den Mädchen:
Themen wie Freundschaft, Friede und Vergebung werden gemeinsam bearbeitet, die Kinder und ihre Familien in Aktivitäten einbezogen, die sie wieder in Mitte der Gesellschaft bringen. In verschiedenen Gemeinschaftsveranstaltungen können die Kinder ihre Talente ausprobieren und unter Beweis stellen. Täglich gibt es gesunde Snacks. Da die Kinder fast alle große schulische Lücken aufweisen, wird bei Bedarf auch Unterricht in Englisch und / oder Grundlagenfächern angeboten.
Wir freuen uns sehr, unsere Hilfe für geflüchete Kinder im Nordirak um eine solche, weitere Facette bereichern zu können.
Die Kinder lernen, ihre Traumata mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Aktivitäten zu bearbeiten. Heute machen sie im Freien sauber, sammeln Müll ein und werfen ihn weg - eine symbolische Handlung.
Kunsttherapie - beim Malen und Basteln erzählen die Kinder spontan von ihren Erfahrungen. Ein Junge berichtet, wie er von Islamisten gezwungen wurde, zuzuschauen, wie ein ungehorsamer Junge erschossen wurde. Ein Mädchen spricht darüber, wie sie abends ihre Haare abschnitt, damit sie morgens auf dem Sklavenmarkt nicht als Mädchen verkauft wird. So entging sie, im Gegensatz zu ihren Freundinnen, der Vergewaltigung.
Beim Angehörigenabend erfahren die Verwandten, wie sie mit den Kindern umgehen sollen, sie bekommen Informationen und Hinweise zur Traumabearbeitung. Leider sind manche Mütter noch in Gefangenschaft des sogenannten "Islamischen Staates" und manche Väter verschollen.So kümmern sich viele Brüder, Tanten oder Goßmütter.
Update Mitte Mai 2018:
Die Angehörigen erleben beim
Abschiedsabend, was und wieviel die Kinder erlebt, erfahren und gemeinsam geschaffen haben. Bilder werden gezeigt, Tänze vorgeführt, es wird gesungen und gelacht. Für die Kinder wird es Ende Mai noch eine besondere Überraschung geben: ein Besuch im jesidischen Heiligtum, in Lalish.
Update 30.5.2018:
Zum Abschluss des Traumabearbeitungsprojektes ermöglichen wir allen teilnehmenden Kindern, mit ihren Betreuerinnen und Betreuern nach Lalish zu fahren, dem religiösen Zetrum und heiligen Ort der Jesid*innen. Dort hatten sie die Möglichkeit, nach ihren schlimmen Erlebnissen in IS-Gefangenschaft wieder Zugang zu den eigenen kulturellen Wurzeln zu finden.
Trotz großer Armut haben sich die Kinder so schön wie möglich angezogen, waren ernst bei der Sache. Sieben Kinder haben sich auch taufen lassen. Mehr Fotos des Ausfluges: siehe unten.