Zarok e.V. finanziert aktuell gemeinsam mit der Schweizer Organisation Khaima ein dreimonatiges Therapieprogramm für Kinder und ihre Angehörigen in Sharya / Nordirak. Durchgeführt werden die Hilfen von dem bewährten, multidisziplinären Team der Panaga Organization of Education, bestehend aus Psychologinnen, Pädagoginnen, Spiel- und Kunsttherapeuten.
Die gut ausgebildeten und erfahrenen Fachkräfte suchen seit November 2019 bis Ende Januar 2020 die traumatisierten Flüchtlinge direkt dort auf, wo sie in Sharya und Umgebung leben. Am laufenden Programm nehmen 25 Kinder sowie 20 Angehörige teil. Die Kosten für das dreimonatige Projekt in Höhe von 10.450 Dollar teilen sich Zarok e.V. und die Schweizer Organisation Khaima.
Im laufenden Programm sind viele yezidische Flüchtlinge, die rund um Sharya in informellen, selbst gebauten Unterkünften oder Zelten leben. Viele der Kinder haben die meisten Familienmitglieder verloren, oft muss ein älteres Geschwister Elternpflichten übernehmen. Manche konnten erst nach der Schlacht um Baghouz an der syrisch/irakischen Grenze Ende März 2019 in den Nordirak zurückkehren. Dort wurde der Islamische Staat endgültig militärisch besiegt. Versklavte yezidische Frauen und Kinder waren in Gefangenschaft islamistischer Kämpfer bis zu diesem letzten Schlachtfeld mitgezwungen worden.
Neben der Behandlung von psychischen und emotionalen Traumata von Kindern, Eltern oder Sorgeberechtigten werden die Teilnehmenden in Einzel- und Gruppensitzungen über seelische Gesundheit sowie körperliche und psychische Traumafolgen informiert, um die eigenen Reaktionen besser verstehen, einordnen und integrieren zu können. Weiterhin werden alle in Aktivitäten einbezogen, die ihnen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen. Lektionen zum Thema Hygiene, Friedensförderung und Umwelt, wo notwendig, auch Alphabetisierungsprogramme für Eltern und Unterstützung für die Kinder zur Integration in die Regelschule komplettieren das Hilfsangebot. Zum Abschluß des Programms findet ein Ausflug in das yezidische Heiligtum Lalish statt, um das gemeinsame kulturelle Erbe und die eigene Identität durch ein solches Erlebnis in der Gruppe zu stärken
Ein Teilnehmer des Programms ist aktuell Merdan. Er ist 12 Jahre alt und kommt
aus einem kleinen Dorf im Sindjargebirge. Seine Geschichte ähnelt der vieler anderer yezidischer Kinder. Merdan lebt jetzt mit seinem Bruder Ahmed und dessen Frau zusammen.
Seine Eltern werden vermisst. Er hat sechs Schwestern und fünf Brüder. Der ältere Bruder wird vermisst, seine anderen drei Brüder und sechs Schwestern sind in Kanada. Merdan hat viereinhalb Jahre in ISIS-Gefangenschaft verbracht, er spricht nur noch wenig Kurdisch. Merdan ist auf Medikamente angewiesen, er leidet unter Schlaf- Ess- und Impulskontrollstörungen. Der Junge wohnt mit seinen beiden Angehörigen in einem Zelt am Stadtrand von Shariya. Ahmed, sein Bruder, arbeitet als Tagelöhner, um seiner Familie zu helfen und Merdan medizinisch versorgen zu können. Bei Merdans Ankunft half die Panaga Organization for Education mit Spenden von Zarok e.V. und Khaima mit Lebensmittelpaketen, einem Rollstuhl, Medikamenten und Kleidung. Merdan hat von dem Luftangriff eine erhebliche Verletzung am Bein, die bereits einmal operiert wurde und nochmals operativ versorgt werden muss.
Merdan ist sehr vergesslich. Er kann sich nicht einmal an die Namen der Psychologin und des Therapeuten erinnern, obwohl sie ihn häufig besuchen. Der Junge leidet zudem an epileptischen Anfällen. Zu Beginn seiner Ankunft war er wütend, wollte nicht mit seinem Bruder zusammen sein. Mardan spricht im Schlaf, erwähnt oft einen Cousin, der noch vermisst wird. Über seine Zeit beim Islamischen Staat redet er nicht, singt aber IS-Lieder, wenn er sich alleine wähnt.
Seit April 2019 arbeiten eine Psychologin und ein Psychologe der Panaga Organization for Education mit der kleinen Familie im Rahmen von Familiensitzungen und Konsultationen, der Psychologe führt außerdem Heilspielstunden mit dem Jungen durch. Seit November 2019 nimmt Merdan am aktuellen Traumatherapieprogramm teil, einschließlich Kunst- und Spieltherapie.
Inzwischen kann Merdan gehen, obwohl sein Bein lahm ist. Er hat jetzt einen Neffen, mit dem er oft spielt. Er ist geselliger geworden, mag Aufmerksamkeit und zeigt Zuneigung.
Merdan hat zu den Mitarbeiteri/innen der Panaga Organization eine starke Vertrauensbeziehung entwickelt. Was er erlebt hat, wird er nie vergessen, aber im besten Fall verarbeiten und integrieren können.
Zarok e.V. schafft mit dem aktuellen, vierten Durchgang des Traumatherapieprogrammes einen Ort der Hoffnung, des Lernens, der Fürsorge und der Freude für Merdan und viele andere Kinder, die sein Schicksal teilen.