Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
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Ein Land im Wandel haben Sigrid Leder-Zuther und Cornelia Bethäuser vom Vorstand des Kenzinger Vereins Zarok e.V. bei ihrer aktuellen Reise in den Nordirak vorgefunden.
Ins Auge fällt der Wassermangel – überall im Land ist es staubtrocken und heiss. Wasserreserven schrumpfen, Flüsse werden zu Rinnsalen. Alle Gesprächspartner im Land zeigten sich tief besorgt über die Folgen des Klimawandels, der den gesamten Irak stark in Mitleidenschaft zieht.
Sichtbar auf den Straßen waren die angekündigten Truppenverschiebungen des US-amerikanischen Militärs, wohl aus dem irakischen Osten in Richtung der autonomen Region Kurdistan Irak. Insgesamt erscheint die Sicherheitslage recht stabil, es gab in dieser Hinsicht keinerlei Probleme bei der Reise durch das Land für die beiden Vertreterinnen des Kenzinger Hilfsvereins.
Mit vorsichtigem Optimismus blicken die Menschen auf die Friedensverhandlungen zu Gaza – immerhin liegt das Gebiet Kurdistans zwischen Iran und Israel und war bei den militärischen Auseinandersetzungen der Kontrahenten im Juni 2025 als Überflugsgebiet völlig ungeschützt.
Positiv ausgewirkt hat sich die Einigung der autonomen Region mit der irakischen Zentralregierung im Juli 2025 zur Ausbeutung der kurdischen Ölquellen. Zwei Jahre wurde kein Öl gefördert, da keine Übereinkunft zur Verteilung der Einnahmen getroffen werden konnte. Der Konflikt ist nun beigelegt, die Zentralregierung verfügt über die Einnahmen und hat zugesagt, ihren Verpflichtungen gegenüber der kurdischen Regionalregierung nachzukommen. Große Freude herrschte im Land, als am ersten Oktober die ausstehenden Gehälter der Staatsbediensteten ausbezahlt wurden. Seit Juni hatten Lehrerinnen, Polizisten oder Angehörige der Peschmerga in Kurdistan kein Gehalt mehr von der irakischen Zentralregierung bekommen.
Die Kürzungen der humanitären Hilfen durch die US-Regierung hat zu einem Rückzug fast aller großen Hilfsorganisationen aus der autonomen Region Kurdistan / Nordirak geführt. Teilweise wurden Programme innerhalb von zwei Wochen eingestellt, obwohl längere Laufzeiten vereinbart waren.
So sind Kommunen wie die überwiegend von Jesiden bewohnte Stadt Shariya dazu übergegangen, das dortige Camp für Vertriebene aus dem Sindjar kurzerhand zu einem Stadtteil ohne weiteren Unterstützungsbedarf zu deklarieren. Das umzäunte Gebiet wird lediglich noch mit Strom versorgt, es gibt Wasserleitungen und eine Gesundheitsstation. Viele Vertriebene leben weiterhin in Notunterkünften rund um das Camp und in der Stadt, wer kann, arbeitet als Tagelöhner auf den umliegenden Feldern.
Umso wichtiger sind die Projekte kleinerer Organisationen wie Zarok e.V., die von privaten Spenden getragen werden.
Erste Station der Kenzinger Vorstandsfrauen war das Girls and Women Empowerment Center im Domiz Camp für syrische Geflüchtete. Das Frauenzentrum mit seinen Alphabetisierungskursen, seinen Frauen- und Mädchengruppen zu Themen wie Frühverheiratung, Frauengesundheit oder Gewaltprävention wird von Zarok e.V. unterstützt. Betrieben wird es von der kurdischen Frauenorganisation The Lotus Flower, mit der Zarok e.V. seit 2018 zusammen arbeitet.
Spannende Erkenntnisse ergab eine Diskussionsrunde mit den geflüchteten Frauen, die alle Kurdinnen sind und aus dem syrischen Gebiet Rojava stammen. Keine konnte sich vorstellen, nach Syrien zurück zu kehren. Großes Mißtrauen herrscht gegenüber der neuen syrischen Regierung. Teilweise haben die Frauen bereits sehr schlechte Erfahrungen gemacht: So wurden Häuser enteignet oder Söhne bei Grenzübertritten sofort in die syrische Armee gezwungen, obwohl sie keinen syrischen Pass haben.
Der Betrieb des Centers konnte für die nächsten Monate gesichert werden.
Der nächste Projektbesuch führte ins Old Shekdhre Village, ein kleines Dorf mit Rohbauten, in das jesidische Vertriebene nach 2014 gezogen waren.Dort findet aktuell die neunte PopUpSchule von Zarok e.V. statt, durchgeführt von den erfahrenen Mitarbeitenden der Panaga Organization for Education. Im Dorf selbst gibt es weder Kindergarten noch Schule. So kommt die gesamte Schule mit Lehrenden und Material zur Freude aller ins abgelegene Dorf. Die Angebote reichen von grundlegenden spielerischen Angeboten für Vorschulkinder (Welche Farben gibt es?) über Englischunterricht für die Größeren, Tanz- und Bewegungsangebote bis hin zu den sehr beliebten Mütterkursen zu gesunder Ernährung und Erziehung.
Es schlossen sich Familienbesuche bei besonders belasteten jesidischen Teilfamilien an. Das aufsuchende familientherapeutische Programm besteht seit 2020. Ein Psychologe und eine Psychologin der Panaga Organization for Education kommen zweimal wöchentlich zu Beratungs- und Unterstützungsbesuchen. Ziel ist eine Stabilisierung besonders traumatisierter Familien. Im Programm befinden sich derzeit 15 Familien, sie werden von mehreren Monaten bis hin zu eineinhalb Jahren begleitet. Sigrid Leder-Zuther und Cornelia Bethäuser konnten sich erneut direkt bei den Hilfsbedürftigen von der Wirksamkeit der Hilfen überzeugen.
Immer wieder betonte z.B. Dima, wie hilfreich die psychologische Unterstützung für sie sei. Sie wird seit einigen Monaten von den Psychologen begleitet. Dima war beim Überfall des sogenanntes Islamischen Staates im Sommer 2014 als 13jähriges Mädchen entführt worden und kam nach knapp 11 Jahren Gefangenschaft in Syrien und der Türkei frei. Dima, heute 24, konnte fliehen, nachdem ihr saudiarabischer "Ehemann" sie nach Ägypten mitnehmen wollte und es Probleme mit dem Pass gab.
Dima ist eine von Tausenden - noch immer gibt es nach dem Völkermord im Sindjar 2.600 jesidische Vermisste. Ihr Fall hat aber kurzfristig für sehr viel Aufsehen im Land gesorgt, siehe
https://www.rudaw.net/english/kurdistan/27062025
Inzwischen ist Dimas Mutter aus Australien angereist, hat eine kleine Wohnung zusammen mit ihrer Tochter bezogen und steht ihr bei. Neben der psychologischen Unterstützung helfen die beiden Psychologen derzeit bei der Beantragung der Familienzusammenführung Dimas mit den restlichen Familienmitgliedern in Australien. Stolz zeigt Dima den beiden Frauen ihre Mandalas und Zeichnungen, die ihr helfen, sich zu beruhigen und zu sammeln.
Die sechs- und achtjährigen Geschwister Hadar und Aryas leben bei ihrer Großmutter. Beide mussten mitansehen, wie sich ihre verzweifelte Mutter selbst verbrannte und der Vater beim Löschversuch ebenso schwere Brandwunden davon trug, dass er einige Tage später ebenfalls verstarb. Die kleine Teilfamilie braucht viel Unterstützung, besonders der achtjährige Junge zeigt starke Verhaltensauffälligkeiten. Die Großmutter bedankte sich bei den Vorstandsfrauen ausdrücklich dafür, dass sie von den Psychologen begleitet wird, vom Enkel gab es eine Spontanumarmung!
Über 13.000 Euro konnten somit wieder in die Projekte im Nordirak fliessen.
Damit hat Zarok e.V. in diesem Jahr bei den eingesetzten Spenden die 300.000 Euro Marke überschritten!
Bis Ende 2024 konnten insgesamt 294.000 €uro für Projekte im Nordirak eingesetzt werden, im Schwerpunkt für jesidische Vertriebene, aber auch für kurdische Flüchtlinge aus Syrien. Da die Zarokmitglieder ihre Reise- und Unterkunftskosten in den Irak privat tragen und rein ehrenamtlich tätig sind, konnten die Spendengelder fast vollständig in die Projekte fliessen.
Danke für Ihr Interesse!
Herzliche Grüße,
Sigrid Leder-Zuther und das ganze Zarokteam.
Jede Spende hilft!
Spendenkonto: Sparkasse Freiburg DE48 6805 0101 0013 0691 55
Zarok e.V. 79432 Kenzingen Weisweiler Strasse 5 Tel. 004976448802
Vorsitzende: Susanne Dorer Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg VR701135 Finanzamt Emmendingen Steuernummer: 05015/10002
2020 SPD-Frauenpreis im Landkreis Emmendingen
2018 Kinderförderpreis von Kiwanis / Emmendingen als vorbildhafte Initiative
2016 Zeitstifterpreis des sozialen Hilfsfonds im Landkreis Emmendingen für besonders innovatives und vernetztes Ehrenamt